Artikel im Weilheimer Tagblatt vom 13.1.2006

 

Besuch aus Workuta und Machatschkala

Sänger nutzen Tourneepause zur Besichtigung des Bergbaumuseums

 

Peißenberg – Eine Pause während ihrer Deutschlandtournee nutzten der russische Liedermacher Michail Bronstein und die dagestanische Sängerin Elmira Kurbanova für einen Abstecher in den Pfaffenwinkel. Unter anderem besuchten sie die Wallfahrtskirche auf dem Hohen Peißenberg und das Bergwerksmuseum in Peißenberg.

Bronstein interessieren die beiden Orte ganz besonders, weil er selbst im Wallfahrtsort Tichvin, 200 Kilometer östlich von St. Petersburg, lebt. Diesen Ort, an dem eine berühmte Ikone, die die Mutter Gottes zeigt, aufbewahrt wird, besuchen laut Bronstein täglich bis zu 1000 Gläubige der orthodoxen Kirche. Außerdem wollte Bronstein sehen, wie in Peißenberg Kohle gefördert wurde. Er hat nämlich zehn Jahre lange im „nordöstlichsten Bergwerk Europas“, in Workuta, gearbeitet. Bronstein im engen, düsteren und tropfnassenTiefstollen: „Da werden Jugenderinnerungen wach.“ Kurbanova zeigte sich mehr von den Bergmannsuniformen beeindruckt. Sie ließ es sich nicht nehmen, sich zur Erinnerung mit der Kopfbedeckung eines Beamten des Münchner Bergamtes fotografieren zu lassen.

Abdurachman Janusov von der Zeitschrift „Dagestana Rakurso“ aus Machatschkala am Kaspischen Meer, der die beiden auf der Tournee begleitet, war „begeistert von der realistischen Präsentation der Arbeitsbedingungen im Bergwerk“ und den lebhaften Schilderungen von Lothar Wagner, der die Gruppe durchs Museum führte. Janusov: „Ich sehe richtig vor mir, wie die Bergleute hier gearbeitet haben.“

Bronstein zeigte sich überrascht, welch moderne Technik im Peißenberger Bergwerk kurz vor der Schließung eingesetzt wurde. Er selbst hat den staubigen und gefährlichen Beruf – im Bergbau von Wokuta ließen durchnittlich 16 Bergleute pro Jahr ihr Leben – schon vor langem an den Nagel gehängt.

Heute ist er als freischaffender Autor, Übersetzer und Liedermacher in ganz Russland bekannt. In Bayern traten die russischen Sänger gestern im EineWeltHaus in München auf, wo sie zeitkritische Lieder in Russisch, Ukrainisch und Esperanto sangen. Heute machen sie in Nürnberg Station, bevor sie über Berlin nach Dresden weiterreisen.

Wagner, der acht Jahre als Hauer im Peißenberger Bergwerk arbeitete, reist auch gerne, vor allem die „nördlichen Länder“ haben es ihm angetan. In Alaska, Skandinavien und China war schon, Russland und die Mongolei stehen noch an. Neben der Landschaft und der Lebensweise der Menschen interessieren ihn „natürlich auch die Bergwerke“. Wagner: „In Südafrika habe ich ein Goldbergwerk und eine Diamantenmine besucht.“ In seiner Reiseplanung stehen jetzt Russland und die Mongolei ganz oben auf der Liste. Natürlich will er auch wieder Bergwerke besichtigen – vielleicht auch Workuta, das nordöstlichste Bergwerk Europas. st

 

 

Lothar Wagner (von links) zeigte Abdurachman Janusov, Elmira Kurbanova, und Michail Bronstein, wie in Peißenberg Kohle gefördert wurde. Foto: Schubert